Die Geschichte der Gilden in Dannenberg gibt ein interessantes Bild von dem Leben in der Stadt im Ablauf der Jahrhunderte.
Nachfolgend einige kurze historische Informationen und einige Passagen aus dem von 1573 bis 1646 geführten Niederschriftenbuch der seinerzeitigen Gilde.
Schon vor der Reformationszeit bestanden in Dannenberg als kirchliche Einrichtungen
1. die Gilde des heiligen Bluts;
2. die Gilde St. Annen;
3. die Gilde St. Nicolai;
4. die heilige Leichnamsgilde oder Elendengilde, welche dem Begräbnis gewidmet war.
Mit der Einführung der Reformation wurden die Gilden aber aufgehoben. Das Vermögen der Leichnamsgilde wurde vom Rat der Stadt übernommen und es wurde fortan in besonderer Rechnung als Elendengilde-Stiftung bei der Stadtkasse verwaltet.
Im Jahre 1528 war es den Bemühungen des Bürgermeisters Mathias Dorheyde zu verdanken, dass die aufgehobene Leichnamsgilde unter dem Namen Hoiker-Gilde auf Kosten der Gildegenossen wieder eingeführt wurde.
Als älteste Gilde Dannenbergs ist die Schmiede-Gilde bekannt. Der Rat der Stadt Dannenberg hat im Jahre 1376 mit Zustimmung seines damaligen Voigts Curdes von Saldern den Schmieden in Dannenberg einen Gildebrief erteilt.
Das Schneiderhandwerk erhielt den Gildebrief im Jahre 1405 und in den nachfolgenden Jahren wurden auch Gildebriefe an die Rademacher, Maurer, Schuhmacher, Schlachter, Drechsler, Tischler, Bäcker, Leineweber und Zimmerleute erteilt.
Das Knochenhaueramt wurde vom Rat errichtet, nachdem Herzog Heinrich der Jüngere zu Braunschweig und Lüneburg im Jahre 1508 auf ein Abgaberecht für die Zulassung eines Freischlächters eine Verzichtserklärung ausgestellt hat.
Den Wandschneidern (Kaufleuten, die mit Tuch handeln) hatte Herzog Heinrich im Jahre 1516 einen Gildebrief gegeben.
Die Brauer bildeten keine besondere Zunft, genossen jedoch besondere Privilegien. Die Brauordnung vom 19. Mai 1654 enthielt unter §5 die Bestimmung, dass die dem Amt Dannenberg zugehörigen Krüger (Gastwirte) in des Rates Strafe verfallen sollten, wenn sie aus anderen Orten als Dannenberg Bier holten. Dieselbe Bestimmung fand auch Anwendung für die Bürger und Bauern, wenn sie zu Gildefeiern, Kindtaufen oder anderen Gelegenheiten sowohl in der Stadt wie auch auf dem Lande anderes Bier als das Dannenberg'sche trinken würden. Ein Verbot auf Einführung fremden Bieres war bereits im Mai 1611 ergangen.
Besondere Privilegien und Freiheiten bestätigte Herzog August 1638 der Stadt Dannenberg bezüglich des Ratskellers. Dem Rate wurde ausdrücklich die Gerechtigkeit zugestanden, auf seinem Keller fremde Biere und Weine ausschenken zu dürfen. Dem Ratskeller wurde 1651 von Herzog August auch das Privilegium des Tranhandels zuerkannt, allerdings hatte der Ratskeller bei seiner alleinigen Zuständigkeit für den Wein-Ausschank wiederum die Verpflichtung, der Kirche den Abendmahlswein zu liefern.
Die Schützengilde Dannenberg, die in den ersten Jahrzehnten Hoiker-Gilde genannt wurde, kann auf das Gründungsjahr 1528 zurück blicken.
Bereits am 18. Juli 1618 wird sie jedoch bereits anlässlich der Verleihung einer goldenen Kette mit anhängendem kleinen Vogel durch Herzog August von Braunschweig als Schützengilde bezeichnet.
Sie war eine allgemeine Gilde, zu der jeder Bürger ohne Unterschied des Standes beitreten konnte.
Aus der ersten Zeit des Bestehens fehlen schriftliche Nachweise, aber Bürgermeister Koch führt in der Dannenberger Ortsgeschichte aus, dass die Schützengilde schon vor dem Dreißigjährigen Kriege in großem Ansehen stand und wegen ihrer treuen Anhänglichkeit zum Landesfürsten im Jahre 1571 in Reichsacht getan worden ist.
Die erste Niederschrift aus dem Niederschriftenbuch (1573-1646) enthält auch die Namen der Gildemitglieder.
Und es heißt dort u. a. auch:
„ 1573 war Hannß Dannenberg Gildemeister,
1574 hat Meister Christoph Lubbelinck in seinem Hause die Höcker-Gilde gehalten. ...
1578 Gildemeister Hannß Krummedick. Aufgenommen als Gildebruder ist Hanns Reinboldth, der die Witwe des gottseligen Alex Damhe wieder zur Ehefrau genommen hat. ...
1584: ... Für das nächstfolgende Jahr 1585 wurde zum Gildemeister Seruas Berndes gekoren. Dieser lehnte die Gildemeisterei ab, wodurch ihm viel Spott und Hohn zuteil wurde und ihm sein Verhalten, das erstmalig war in der Gilde, nachher leid getan hat. ...
1589: Seruas Berndes, ist mit Gnaden wieder aufgenommen und hat fünf Tonnen Bier bezahlt. ...
1590: Die Oeldesten nebst dem Gildemeister und der gabzen Gilde haben für gut befunden, die Zahl der Oeldermänner von vier auf sechs zu erhöhen, weil viel junges Volk in der Gilde zu regieren sei. ...
Andreas Holste, Diener des Junkers O. Groten hat der Gilde eine große Zinnkanne mit zwei Hängen zum Gedächtnisse verehret.
Meister Hanse Rouesack hat der Gilde ein Wappen mit Schild für die Halskette geschenkt. ..
1591: Joachim Meyger, der Wildschütze, hat die Olderleute verhöhnet und Gewalt angetan; als Strafe hat er eine Tonne Bier bezahlet und gelobet, solches nicht wieder zu tun. ...
1595: Mit wohlbedachtem Rat der Gildemeister und der ganzen gemeinen Hoiker-Gilde wurde die Zahl der Oldermänner um zwei erhöht, um die Justitien der Gilde besser verwalten zu können. ... 1604: ... Hans Berendes ist in den fürstlichen Stand getreten und ein Kuster geworden. Von der Gildemeisterei soll er frei, qiidt und ledig sein, wenn er zum nächsten Jahr sechs Tonnen Bier bezahlt. ..."
In den Jahren 1609 und 1610 wurde keine Gilde abgehalten. Das Niederschriftenbuch enthält nachfolgende Eintragung:
„Nachdem diese Unse gude Gilde ist Ihn den Jahren wegen des großen Erlitten Brandtschadens, so alhier anno 1608 verthein Dage nach Mychaely nicht gehalten worden, vnd also vnse Stadt ist abgebrandt von der Borchk biß dem Drafenschen Dore, Rathuß, Schyffbruggen, alles Ist nichtes Bestande, gebleue Ihn der Feuersbrunst alles aufgegangen."
1615: „Erstmalig werden Schaffer (wurden mit besonderen Aufgaben betraut) und Junkfer Knechte bestellt." ...
1625: „Wegen der einfallenden Pest ist die Gilde nicht gehalten worden; über 100 Personen sind der Seuche zum Opfer gefallen."
1626: „Wegen einer Verunwilligung mit dem Altermann Hans Berendes hat Heinrich Schulte zweimal die große Kanne austrinken müssen." ...„1642 ist eine große Beschwerung gewesen wegen des Krieges, da die Schwedischen hier gehauset und wir arme Leute geworden sind."
Wenige Jahre nach dem 30jährigen Kriege waren die Zeiten noch derart bedrohlich, dass Herzog August von Braunschweig und Lüneburg nachfolgendes Verbot ergehen ließ: „Von Gottes gnaden wir Augustus Hertzog zu Brunswyg und Lüneburgk Fügen unsern Beambten, Bürgermeistern und Rath in unser Stadt Dannenberg und alda wohnenden Bürgern, auch unsern Unterthanen unsers Fürstenthumbs Braunschweig Lüneburg Dannenbergischen Theils sambt undt sonders hiemit Zuwissen, ob wir uns in gnaden voll erinnern, was wegen des Jährlichen Scheibenschießens undt Schützengelages wir vorhin gnädigst verordnet, und Theils Zugelassen, und Erwarten nicht abgeneiget, es da-bey bewenden Zulassen, Jedennoch weill wir vornehmen das solches, wir auch weill anders wollgemeintes zum Missbrauch ausschlagen, und dahin von eigennützigen Leuten gezogen werden will, dan auch bey itzigen Krieges-leuffen und vermuhteten auffbruch der Armeen es am diensahmbsten sein will, das iglicher in seinem Hause, an seinem Orte und in guter auffsicht bey der handt undt in der Stadt sey und bleibe; Alß gebieten wir hiemit gnädigstes ernstes undt wollen, das unsere Beambten, auch Bürgermeistern und Rath unser Stadt Dannenberg, den Einwohnern und wer Zur der Schützengilde mitgehörig, so fort anzeigen und andeuten, das wir aus bewegenden Ursachen ernstlich und bey schwerer strafe gegen die Verbrechere geboten haben wollen und hiemit gebieten, das vordismahl und dieses Jahr das Scheibenschießen und Schützengelach gäntzlich eingestellet sein und bleiben dan auch wegen des Schützengelages, unsere Beambte, Bürgermeistern undt Rath unser Stadt Dannenberg forderlichst berichten sollen, wie es mit Speise und Tranck bey dem Schützengelage gehalten, was dahin ausgewendet, wie viell Kosten deswegen jedesmahl darzu erfordert, woher die genommen, auch wie solches Zur Verhütung Gott und uns missfälliger üppigkeit füglich Könne eingeschrencket werden. Wir gebieten hiemit auch und wollen ernstlich, das hinführ die Verordnung bey unsern Beambten, Bürgermeistern und Rath jedes ortes, wie hergebracht, ungehindert gelassen, denen gefolget, undt von Keinem unternommen werden soll, sich denen Zuwiedersetzen, Gestalt da sich einer dessen gelüsten lassen undt sich denen wiedersetzen würde, soll derselbige in unsere schwere ungnade und strafe verfollen sein; vornach sich männiglich Zuachten undt vor schaden Zuhüten hat.
Wulffenbüttell am 27. Juny.
Augustus H. z. B. u. L.
Siegel "Anno 1660"
Die Entstehung und die Anfänge der Dannenberger Schützengilde 1528 – 1626:
(von Dr. Erich Woehlkens)
Am 18. April 1527 beschlossen die Lüneburgischen Landstände auf dem Landtag zu Scharnebeck gegen die Stimmen der Prälaten und Pröpste, also der hohen Geistlichkeit, die evangelische Lehre Martin Luthers im Fürstentum einzuführen. Herzog Ernst der Bekenner erhoffte sich von dieser Maßnahme eine Straffung der fürstlichen Gewalt, vor allem aber auch eine Abtragung der Landesschulden, die durch die Frankreich-freundliche Politik seines Vaters Herzog Heinrich entstanden waren.
In der Stadt Dannenberg verlief die Einführung der Reformation ohne große Schwierigkeiten. Der damalige Propst Johannes Patyner residierte ohnehin nicht in der Stadt; er lebte als Domherr von St. Blasius in Braunschweig. Die Dannenberger Pfründe waren für ihn nur eine Aufbesserung seiner Einkünfte.
Es gab aber einen Geistlichen in Dannenberg, der der neuen Lehre zugeneigt war und sich aktiv einsetzte: der Vikar Matthäus Dorheide, ein Stadtkind, der am Dreikönigsaltar die Messe las und als Vizepropst Vorgesetzter der anderen Priester an der Johanniskirche war. Dorheide belegte das gesamte Kirchenvermögen mit Beschlag; alle Einkünfte aus Pachten, Kapitalien und Pfründen gingen jetzt durch seine Hände, darunter auch die der Elendengilde.
Der Begriff »Elend« hat in unserer Zeit seinen Sinn gewandelt, damals verstand man darunter die Fremde, das Ungewisse der Ferne, in die ein Kaufmann mit seinem beladenen Frachtwagen fuhr, um auf anderen Märkten wendländische Erzeugnisse zu verkaufen. Aus alten Rechnungen wissen wir, dass es sich hauptsächlich um Leinen gehandelt hat.
Die Elendengilde war eine kirchlich gebundene Genossenschaft, die wegen dieser Bindung bei der Reformation ebenfalls aufgelöst wurde. Matthäus Dorheide, ein kritischer Christ, sah keine Möglichkeit, in die evangelische Kirche gleichrangig als Geistlicher aufgenommen zu werden; er trat daher bei seinem Vater Clawes in das Kaufmanns- und Brauergeschäft ein.
Mit zwei anderen Dannenberger Bürgern wandelte er die Elendengilde 1528 in die Hoikergilde um, wobei man den Begriff Gilde entsprechend dem Zusammenschluss der Handwerker in Ämtern, Innungen und Zünften verstehen muss.
Hoiker oder Höker nannte man die Lebensmittelkaufleute, die mit allen Waren handelten, die »die Hände fettig machen«, wie Butter, Talg, Lein- und Rüböl, Stockfisch, geräucherte Fische, Salz, Wachs, Honig. Das vornehmste Handelsgut war aber der Hering.
In Dannenberg war in der Folgezeit ein beachtlicher Teil der Bürgerschaft in der Hoikergilde organisiert. Es traten ihr aber auch andere Bürger bei wie Brauer, Bäcker, Schloss-und Amtsbediente (Bedienstete im Schloss oder bei der Stadtverwaltung) usw.
Erhalten ist leider nur das zweite Gildebuch von 1572.
Aus den überlieferten Statuten geht hervor, dass sie mit dem angeblich ausschließlichen Zweck gegründet worden war, die in der Stadt Gestorbenen würdig zu begraben, wobei die Särge von Gildebrüdern getragen wurden; für die anderen Mitglieder, auch die Frauen, war die Grabfolge Pflicht. Von den zu zahlenden Beiträgen schaffte man Sargholz an; die Gilde war also auch eine Art Totenkasse.
Ein weiterer Zweck, der aber in den Statuten nicht besonders hervorgehoben wird, war die Pflege der Geselligkeit. An jedem dritten Pfingsttage feierte man auf einer Wiese vor der Stadt ein Frühlingsfest mit Tanz und viel Bier. Man saß in Lauben, die aus »Maiengrün«, also aus Birkenbüschen und -reisern gebaut waren.
Die politischen Folgen der Reformation im Fürstentum Lüneburg können hier nicht näher erläutert werden. Es drohte den evangelischen Ländern Krieg durch Kaiser Karl V. Herzog Ernst tätigte einige Vorsorge für die Verteidigung seines Landes durch Verteilung von Waffen. In jeder ummauerten Stadt waren die Bürger verpflichtet, sich zu wappnen, wenn Gefahr drohte, aber nicht alle waren mit Armbrüsten oder Rohren (so nannte man die Flinten) ausgerüstet. Meist beschränkte man sich auf Schwerter und Hellebarden.
Auch die Dannenberger werden Schusswaffen, wenn auch in geringer Anzahl, erhalten haben. So mag die Schützengilde zunächst als Teil der Hoikergilde entstanden sein.
1530, schon zwei Jahre nach Gründung der Hoikergilde, werden die Schützen in einer Chronik der Kantors Seger genannt, die dieser um 1700 an der Lateinschule verfasst hat.
Seger schreibt: „Volrat Pentzen, der Schlosshauptmann, fing einen Streit an, als er von etlichen Bürgern des Abends aus der Schützengilde bis auf die Burg begleitet ward und behielt die ihn begleitenden Schützenbrüder in Arrest, ließ die Schlossbrücke aufziehen und wollte keinen herauslassen, woraus ein großer Lärm entstand."
Für Begebenheiten in der Schützengilde in den folgenden Jahrzehnten gibt es keine urkundlichen Aufzeichnungen, doch haben sich anscheinend die Schützen bald von den Hoikern getrennt und sich aus den Brauern rekrutiert, so dass später zum Ende des 16. Jahrhunderts von einer Brauer- und Schützengilde gesprochen wird.
Entscheidenden Antrieb erhielt die Gilde aber, als im Jahre 1569 die Ämter Dannenberg, Lüchow, Scharnebeck und Hitzacker ein selbständiges Teilfürstentum unter Herzog Heinrich, dem Sohn Herzog Ernsts, wurden.
Heinrich hatte zehn Jahre lang mit seinem Bruder Wilhelm gemeinsam regiert; er überließ diesem dann die Alleinherrschaft und behielt sich nur die genannten Ämter vor. Da er auf dem Schloss Dannenberg residierte, musste ihm daran gelegen sein, eine wehrhafte Bürgerschaft zu haben. So stiftete er 1573 der Gilde eine silbern vergoldete Königskette (s. Abbildung und Beschreibung in dieser Festschrift). Sein Name fehlt auf der Umschrift des mehrfeldrigen großen Welfenwappens; vermutlich sollte die Schützengilde immerwährend auf den jeweiligen Landesherren verpflichtet sein. Der große silberne Vogel, der an dem Wappen hängt, ist ein Papagei, niederdeutsch Papegoi, wie andernorts die Schützengilden sich Papegoien-Gilden nannten, weil der König mit einem solchen Vogel geschmückt wurde. Auch der Vogel, nach dem man schoss, war ein aus Holz gefertigter bemalter Papagei, an einer langen Stange befestigt. An der Kette ließ der König eine Münze oder einen Schild mit seinem Wappen anbringen; anscheinend spendeten auch Adelige, die als Hofjunker auf dem Schloss Dienst machten, und herzogliche Beamte, wenn sie einen geringeren Preis gewonnen hatten, bei ihrer Teilnahme am Schießen solche Anhänger zur Kette.
Eine 1626 aufgezeichnete Chronik der Gilde erzählt, dass man 1618 insgesamt 19 solcher Anhänger (meist wohl Münzen) von der Kette abgenommen und verkauft habe. Lediglich zwei Goldmünzen blieben bis heute erhalten. Dafür stiftete Herzog August, der jüngere Bruder des regierenden Herzogs Julius Ernst, eine goldene Kette mit einem kleinen silbernen Vogel. Er hatte allen Anlass dazu, war er doch 1616 Schützenkönig geworden. 1609 war ihm der Abschuss des linken Flügels gelungen, das bedeutete den fünften Preis; auf die Scheibe erzielte er den Dritten.
1622 konnte er sich wieder mit beiden Ketten als König schmücken.
Aus den Angaben in den seit 1600 (leider nur lückenhaft)vorhandenen Rechnungen der Gilde lässt sich eine Liste der Schützenkönige in der frühen Zeit aufstellen.
Da auch Mitgliederlisten überliefert sind, ergibt sich daraus, dass Schützen auch Mitglieder der Hoikergilde waren, womit wiederum der Zusammenhang beider Gilden bezeugt wird.
Könige waren (ohne Angabe der Jahreszahl):
Hans Engelke - Lorenz Vogt - Dirik Munt Friedrich Wasnot - Joachim Wulf
1607 Christoph Schulze
1609 Johann Saling (Sellin?)
1614 Erasmus Pfeiffer
1618 Herzog August
1618 Justus Nork
1620 Erasmus Pfeiffer
1622 Herzog August
Hier möge die Chronik mit den Statuten und der Schützenfestordnung folgen.
Um die Lesbarkeit zu erhöhen, sind Rechtschreibung und Zeichensetzung geringfügig geändert; Erläuterungen stehen in Klammern.
Der löblichen Versamblung in der Schützengilde.
Begnadung oder Privilegia,auch Ordenung und Statuta, derselben stehende Hebung und Kleinodia mit den Namen der Schützen-Brüder.
1. Privilegia
Der durchleuchtige hochgeborene Fürst und Herr Julius Ernst, Herzog zu Braunschweig und Lüneburgk, unser gnediger Fürst und Herr, hat dasjenige, was vor diesem aus Ihrer fürstlichen Gnaden Ampte bei dero Herrn Vatters christlöblicher Gedächtnis-Zeiten bei dem Vogelschießen gegeben werde, in Gnaden verbessert, also dass nunmehr derjenige, so den Vogel abschießt in Gnaden wird angesehen und zu gewarten hat: 5 Goldgulden aus Ihrer fürstlichen Gnaden Ampt oder Renterei. 1 Goldgulden wird dazu vom Ehrenbaren Rat gegeben und ist der König ein Jahr der Malz-Akzise und des Rats Schatzung frey.
2. Schützen-Gilde Geschmeide oder Kleinodia
Obwohl der weiland Durchlauchtige hochgeborene Fürst und Herr, Herr Heinrich der Jüngere, Herzog zu Braunschweig und Lüneburgk christseliger und loblicher Gedechtnis, der Schützengilde mit einem silbern Vogel und Wappen anfenglich hat verehret, und sind hierzu nachfolgende Personen-Wappen verehret und von denen, so den Vogel abgeschossen, darzu gegeben worden:
- Jürgen Pfeilschmitt
- Jürgen von Hohnhorst, Cellischer Jäger
- Hartwich von Badendorff
- Berent Bockholt, Zöllner zu Hitzacker
- Johann Meyen, Amtmann zu Hitzacker
- Diricus Munt von Gorleben
- Frantz Ebzing von Celle
- Hinricus Bruns, Amtmann zu Lüchow
- Ernst von Bothmer, Hof-Junker
- Joachim Pficht, Rittmeister
- Cort Penningsack, Fähnrich
- Volrath von Watzdorff, Hofmeister
- Christoff (v.) Wenkstern, Hof-Junker
- Cristoff Capelle, Hof-Junker
- Jürgen von Badendorff, Hof-Junker
- Busse Schütte, Amtmann 1599
- Frantz Clodes, Amtmann und Rentmeister
- Joachim Wulf, Mundkoch
- Friedrich Wasmot
- Herr Dietrich Munt von Ulzen
- Lorentz Voigt
- Hans Engelke
- Christoph Schlutze, König 1607
- Johann Sellin, König 1609
- Erasmus Pfeiffer, König 1614
Und aber Anno 1618 den 18. Julii der Durchlauchtiger, mächtiger hochgeborener Fürst und Herr, Herr Augustus der Jüngere, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburgk, unser auch gnediger Fürst und Herr, nachdem Ihre fürstlichen Gnaden Anno 1616 den Vogel abgeschossen die Schützengilde mit einer ansehnlichen gulden Kette und anhengendem kleinen Vogel gnedig hat begabet, da die Kette an gliedern helt ein hundert fünf und zwantzig Gelt-Kronen. So sind 19 der alten Wappen abgenommen und zu gelde gemachet, wie hernach bei dem Vorrat sich wirt befinden.
Und ist von dem alten Geschmeide übriggeblieben des alten Herzog Heinrich christmilder Gedächtnis verehrter Silber-Vogel mit dem fürstlichen Silber-Wappen, wicht dreyzehen Lot.
Zu diesem ist noch Anno 1618 des Amptsmanns Justi Norken, welcher selbiges Jahr den Vogel geschossen, verehretes Wappen auf ein Stück gemüntzetes Gold an die Kette genommen. Abermal ist Anno 1620 der Vogel durch Secretarium Erasmus Pfeiffer abgeschossen und Anno 1622 dessen Wappen auf ein gemüntzet Stück Gold an die Kette verehret und kommen.
Weiter ist eodem Anno 1622 der Vogel von dem durch-lauchtigem hochgeborenen Fürsten Herrn Augusto dem Jün- geren, Hertzog zu Braunschweig und Lüneburgk, abgeschos- sen und Ihre fürstlichen Gnaden die Kette mit obgedachten Anhängen, wie jederzeit gebräuchlich ist, in Verwahrung ge- lassen, bis hinwieder zum Vogelschießen diesselbe auszu- tragen verordnet wirt. Was alsdann für ein Geschenk wirt darzukommen, stehet bei Ihrer fürstlichen Gnaden gnedigen Verordnung.
3. Ordenung, Statuta und Beliebung der Schützengilde,
wie es in einem oder anderem Falle gehalten werden, welches sich nach Gelegenheit der Zeit und Jahre laßet ändern, mindern und vermehren.
1. Wenn der Vogel geschossen werden soll, wirt es vor allen Dingen ad Illustrissimi, in unsers gnädigen Fürsten und Herren vorwissen und belieben gestellet.
2. Vorher zwischen Eltisten, Gildemeister und Schaffern beredet, was und wieviel eben oder anders zu behueff der Zusammenkunft soll bestelt und beschaffet werden. Die Schaffer müssen es auch den Schützen, so außer der Statt gesessen, zeitig zu wissen thuen.
3. Uff bestimpten Tag und Zeit kommen die Schützen in des Gildemeisters Hause in ihrer gueten Kleidung und mit fertiger Büchse zusammen.
Dem Hauptmann geben die Schützen ihr geladen Ror nemblich dar die Schützen hinter einer Trommel und Zifelit (=Flöte) hinaus gefueret und sooft der Vogel getroffen die Trommel gereget. Wann aber ein Flügel, Kopf Schwanz oder ein zimblich Stück vom Vogel geschossen, wirt die Trompe- ten geblasen; auch wenn er gar abgeschossen ein ganz Jubelfreude werde ausgeblasen; nachher die Täntze befürdert werden, gibt die Schützengilde (dem Musikanten) einen Reichsthaler.
Darzu muß Ihnen der Koning geben zum weinigsten 9 Schil- ling, will er ihn mit mehrem bedancken, ist (es) dessen gueter Wille. Zu deme mag er (der Musikant) im Gilde-Hause ein- mahl lassen seinen Teller herumgehen und samblen, sonst soll er bei den Tantzen nichts zu gewarten haben, auch nie- mand stehen lassen. Wer ihme aus guetem Willen was thut geben, hat er vorlieb zu nehmen.
Wenn es Zeit ist, wieder hineinzugehen (in die Stadt), so wirt der neue Köning zwischen beiden Bürgermeistern – die mit ihren Menteln, die ander alle aber ohne Mentel gehen – wieder nach des Gildemeisters Hause begleitet. Negst dem Koninge folget der neue Gildemeister (das Amt wechselte alle Jahre, bzw. zu jedem Schützenfest) und beider Schaf- fer in ihrem Kranz und ein jeder mit seiner Frauen.
Des neuen Köninges Hausfraue wirt nehst diesen zwischen beiden Bürgermeisterfrauen begleitet. Ist aber der König noch ein (Jung-)geselle so gehen die Bürgermeisterfrauen zertheilet bei dem nägsten Rathsverwanten (Ratsherrn).
Ferner folgen in der Ordnung der alte Köning, alte Gildemeis- ter und alte Schaffer und folgents die Rathspersonen, entlich die Schützen in ihrer Ordnung, jeder mit seiner Frauen.
Die Schaffer müssen bei dem Abtritt (= Heimweg) beför- dern, daß die Jungfern bei die Gesellen, oder da deren nicht genug, bei die Männer vertheilet und mit hineingeführet werden. Den Uncosten zu Hülfe wirt ein Kannengießer und Kuchen-becker gefordert, welche unter der Vogelstangen feil haben und geben der Gilde nach Behandlung (= je nach Verkauf) ein, 2 oder mehr Tonnen Bier, davon sie dann, solange der Vogel oder nach dem Schiven (= Scheibe) ge- schossen wirt, mit drinken.
Wenn der Vogel abgeschossen, so wirt ordinarie mit der Eltisten Bewilligung von Schaffern gedacht uff 3 Stück zin- nen Gerete, davon das größeste etwan 3 und unter 4 Mark, das ander 2 und unter drey, das dritte aber einen Gulden und unter zwei Mark wert sey. Darumb wirt von allen Schüt- zen neben der gnädigen Herrschaft geschossen, ein jeder hat 3 Schüsse und werden die drey Gewinn gegeben auf die drey negste Schüsse, wenn dieselbe auch einer allein gethan hätte.
Wenn der Vogel abgeschossen ist, so gibt der Gildemeister 2 guete Schincken und Brot vor 1 Schilling, auch 2 Schläge Butter und süßmelcket und grünen Kese.
Weil aber auch ein Unrath befunden, bei solcher Anzahl Per- sonen starke Mahlzeiten anzurichten, so gehet vorher jedes- mahl in des Gildemeisters und der Schaffer Unterredung mit Vorwissen eines Raths und den Eltisten, ob etwan ein par Hamel sollen geschlachtet und nebenst grünen (= frischen) Fischen beschaffet und den ersten Tag verspeiset werden zu dem, was der Gildemeister lässt ufftragen.
Sonsten ist der folgenden Tage halber vor guet angesehen, wenn man nun gesehen, wie nach eines jeden Orts Gele- genheit die Tische stehen, und was für Personen werden zusammen gesetzet, daß ein jeder etwan ein guet Essen anfinde, so guet er es selbst gerne haben will. Wann dann also etwan achtzehen oder mehr Personen bei einem Tische sein, kann die Helffte darvon vor die Menner, die andere Helffte vor die Frauen und Junkfrauen gebrauchet werden, oder wie man sich dessen vorher wirt bereden und zur verhuetung großer Weitleuftichkeit vereinigen.
Die Schaffer, sowohl die jungen als die alten, haben die Uffsicht und müssen ihnen die jüngste Schützen darzu helfen.
Nach zehen Uhren den Abend sollen die Geste des Gilde- meisters Haus räumen und kein Bier mehr gelanget werden. Ehendenn die Schützen in des Gildemeisters Hause gehen, wirt ihnen durch den eltisten Bürgermeister angezeiget, wornach sie sich verhalten, auch durch den Stadtknecht ver- lesen, in welcher Ordenung sie ausgehen und keiner denen andern vorlaufen solle bei hoher Strafe, und unter den Vogelstangen, in welcher Rott sie schießen sollen, damit er uff seine Rottgesellen Achtung habe und bei Strafe 1 Faß Mumme (Braunschweiger Bier). Es wirt dann dar der Vogel-Preis gegeben; dar ferner anderen die Büchse versagt.
Item, das ein jeder vernünftig mit seiner Büchse umgehe, dass er niemand Schaden thuen möge. Ferner, das er sich allenthalben unter der Beisammenkunft woll versehe, kein Gezenk nach Unlust anrichte bei Straffe einer Tonnen Bier. Entlich wirt durch den jederzeit verordenten Fendrich, wel- cher zu seinem Anfang die Fahne mit einem Bier zu beschencken wirt ohne Beschweer sein, des Ausganges Anfang gemachet bei einer Trommel und Ziefelit. Dann fol- get der alte Köhning begleitet zwischen beiden Bürgermeis- tern, die in ihren Menteln gehen, woruff die anderen Rathsherren und die Schaffer und also sämptlige Schützen folgen.
In Bestellung der Ordnung des Ausgehens und Schießens sollen junge Schützen, es wären dann bediente Personen, den elteren Schützen nicht vorgezogen werden.
Die Gilde und ihre Korps:
Über eine Uniform oder eine einheitliche Kleidung findet sich in den alten Aufzeichnungen der Schützengilde kein Hin- weis. Es wurde ca. 1750, als ein Hochwasser der Elbe und der Jeetzel drohte, nur angeraten, lange Stiefel zu tragen, denn das alte Schützenhaus, das auf einer Karte der Stadt Dannenberg (1836) verzeichnet ist, lag im Hochwassergebiet. Die Schützenstraße erinnert noch heute daran.
Die ersten Aufzeichnungen darüber, dass dreieckige Hüte als eine Art Uniformierung getragen wurden, stammen aus dem Mai 1819. In einer Resolution an die Schützengilde heißt es :
„Mehrere Herren von der Schützen-Gesellschaft haben schon längst den Wunsch geäußert, die dreieckigen Hüthe abzuschaffen und statt deren runde Hüthe beym Ausmarsch der Schützen-Gilde aufzusetzen. Ferner die Degen abzu- schaffen und die Gewehre im rechten Arm zu tragen. So soll es schon längst in mehreren Städten gewesen seyn und warum wollten wir dem nicht nachfolgen und abschaf-fen, was uns doch beschwerlich ist. Aufgefordert von Vielen, ersuche daher die ganze Schützen-Gesellschaft, obigen Vortrag mit beizupflichten und solches durch Unterschreibung ihrer Namen zu erkennen zu geben.“
Eine namentliche schriftliche Abstimmung ergab, dass es beim alten Brauch verbleiben solle. Der Antrag zur Bildung einer Kompanie Jäger mit eigener Uniform wurde am 17. Dezember 1823 an den Magistrat gestellt. 20 Schützenbrüder hatten unterschrieben. Der An- trag lautete :
„Zur Verschönerung der löblichen Schützen-Gilde unserer Stadt sind mehrere dazugehörende Interessenten gewillet, an einer hieraus zu errichtenden Compagnie Jäger theil zu nehmen, und werden hiedurch die Herren gebeten den eben gesagten Willen durch Unterzeichnung kund zu geben. Dieses ist so wohl in Hinsicht des Zustandekommens, als auch der vom wohllöblichen Magistrat zu erwartenden Genehmigung nothwendig.
Das Jeder Unterzeichnete die Anschaffung seiner Uniform, (wozu alsdann die Herren Kaufleute beauftragt werden, da- mit alles überein) und welches ohngefähr 16 Reichsthaler beläuft, wird hiemit einverstanden. Damit wir durch dieses austreten die Stärke der Schützen-Gesellschaft nicht nacht- heilig werden, so wird festgesetzt, das vors erste unser Chor nur höchstens aus dreißig Personen bestehen soll. Es soll jedoch dieses Circulair nur versuchen, ob wir im Stande sind, dem Wunsche vieler in Erfüllung zu bringen, und wann dieses der Fall, wird ein für uns Zweckmäßiges Reglement abgefaßt, und jeden zur Unterzeichnung vorgelegt werden.
Durch eben gesagtes wird jedoch keiner der hieran Theil zu nehmen gedächte, sich verleiten laßen, seine Unterzeich- nung aufzuschieben, würde jetzt wenig unterzeichnet, so kann nicht weiter an die Ausführung gedacht werden und wird aus Allen nichts, und sind das die Störer vieler Wünsche, so Lust hieran finden und denken es ist noch immer früh genug, doch solche sind nicht unter uns und das haßen alle Unterzeichnete.“
Diesem ersten Zirkular folgte am 13. Januar 1824 ein zwei- tes Schreiben. Dieses war an alle Schützenbrüder gerich- tet, die nicht dem Jäger-Corps beitreten wollten, um auch deren Einverständnis einzuholen. Es lautete:
„Da allen Intereßenten der löblichen Schützen Gilde unse- rer Stadt bekannt seyn wird, das wir zwanzig Personen zur Verschönerung des Ganzen, uns als Jäger uniformieren wollen, so wünschen wir zu diesem Entschluß auch die Ein- willigung sämtlicher Schützenmitglieder. Denn wir wollen keines Weges, daß hiedurch die allgemeine Freude und der Verein des Ganzen gestört werde, hin- gegen ist unserer herzlichster Wunsch, das wir durch unsere Jäger Compagnie alle Schützen Brüder und Hochge- schätzte Vorsteher derselben Freude zu machen. Diese uns- re gute Absicht wird wie wir hoffen keiner verkennen, und ersuchen wir daher die Hochgeschätzten Herrn Vorsteher, und sämtliche Herrn Schützen, uns zu diesen unsern Entschluß, durch Unterzeichnung, gütiges Wohlgefallen und Zufriedenheit zuerkennen zu geben.“
Dass diese Schreiben Erfolg hatten, beweist die Gründung des Jäger-Corps am 12. Juni 1824. Ein vollständiges Reg- lement regelte die Uniformfrage und auch den Dienst im Jäger-Corps.
Die verbliebenen Gildemitglieder nannten sich daraufhin »Garde-Compagnie«. Verschiedene Absprachen zwischen beiden Kompanien regelte vor allen Dingen die Stärke des Jäger-Corps.
Ein Protokoll vom 15. Juni 1840 lautet :
Das Jäger-Corps soll hinführo nicht mehr an einer gewissen Zahl gebunden sein, sondern kann allezeit neue Mitglieder anwerben ohne mit der Garde-Compagnie dieserhalb Rück- sprache nehmen zu müssen, jedoch ist dabei festgestellt, dass letztere jederzeit 2 Sectionen oder 8 Mann stärker sein soll, als das Jäger-Corps, bei der Garde 1 Capitain, 1 Lieutnant, 1 Fähndrich und ein Unteroffizier und beim Jä- ger-Corps 1 Capitain und 1 Oberjäger (1848 in Lieutnant umbenannt) aber nicht mitgerechnet. Doch solle man von Seiten der Garde in Berücksichtigung der Überzahl der Offiziere gegen das Jäger-Corps zugeben, daß, wenn das Jäger-Corps einen Standartenträger anstellen wolle, dieser auch dann nicht zu den Sectionen zugezählt werden solle, d.h. zu der Zeit, wenn derselbe wirklich seine Funktion antritt.“
Aus zwei weiteren Artikeln möge man ersehen, mit welcher Genauigkeit und Gründlichkeit die Absprachen zwischen Garde-Compagnie und Jäger-Corps getroffen wurden.
„Wegen der überzähligen Zahl der Garde Compagnie gegen das Jäger-Corps dürfte letzteres, da erstere beständig 8 Mann stärker sein soll als das Jäger-Corps, nicht eher ein neues Mitglied anwerben, als bis die Garde 9 Mann über- zählig wäre, jedoch gibt man von Seiten der Garde Compagnie zu, daß, wenn das Verhältnis gerade so ist, daß sie 8 Mann stärker ist, als das Jäger-Corps, und es meldete sich gerade ein Mitglied, welcher in’s Jäger-Corps treten wolle, dieser dann schon eintreten kann, im Falle derselbe nicht ein bisheriges Mitglied der Garde-Compagnie wäre, und in einem solchen Falle dieselbe erst durch ein neu einzutretendes Mitglied Ersatz haben müßte. Dahingegen steht es der Garde-Compagnie frei, selbst wenn sie schon über complett wäre, ohne Einschränkung Mitglieder fernerhin anzuwerben, wenn solche vorziehen sollten, bei ihr einzutreten.“
Im nächsten Artikel wird die Zahl der Sectionen noch genauer definiert.
„Die Zahl der Sectionen versteht sich von beiden Seiten von den wirklich in Uniform ausmarschierenden Mitgliedern, sie mögen über oder unter 60 Jahre alt sein, dabei werden auch die dazu gerechnet, welche durch Krankheit, Reisen oder sonstige Verhältnisse ein oder mehre Jahre vom Aus- marschieren abgehalten werden, oder sie mögten dann, ob- gleich sie noch nicht 60 Jahre alt sind vom Ausmarschieren dispensiert sein. Ein Mitglied, welcher durch Geburtsschein beweiset, daß er 60 Jahre alt ist, ist vom Ausmarschieren dispensiert, falls er davon dispersiert sein will.“
Die Mitglieder des Jäger-Corps waren also verpflichtet, ihre Uniform selbst zu zahlen, ebenso mussten sie die Montierungsstücke (Hirschfänger, Pulverhorn, usw.) selbst besorgen. Ferner musste noch ein Betrag für die Equipierung der Hornisten bezahlt werden.
Am 4. Juni 1841 beschloss auch die Garde Compagnie ein Reglement, in dem das Verhalten, das Exerzieren und auch die Uniformfrage geregelt wurden. Im Vorwort zu den Arti- keln heißt es :
„Schon seit mehren Jahren war es der Wunsch vieler Mit- glieder der Garde-Compagnie gleich dem Jäger-Corps ein etwas mehr geregeltes Wesen, d. h. In Hinsicht des Exercirs, Marschirens und auch, so weit es sich ohne großen Kos- tenaufwand thun ließe – hinsichtlich der Kleidung – mehr Gleichheit einzuführen, auch einen Capitain aus ihrer Mitte zu wählen, welcher das Commando übernehmen und die Compagnie vor dem jedesmaligen Schützenfeste exerzie- ren lassen wolle.“ Im Reglement selbst wird den Gardisten in 3 Kapiteln und vielen Paragraphen dargelegt, welche Aufgaben sie und die Offiziere auszuführen haben. Die Uniformfrage, die im 2. Kapitel abgehandelt wird, ist hier interessant.
„Über die Uniform und Waffen der Compagnie. Vorläufig ist festgesetzt, daß die Kleidung der Mitglieder bestehen solle:
in einem schwarzen Kleiderrocke, in einem Beinkleide von gleicher Farbe über den Stiefeln gehend, in einer gelben Casimir-Weste mit zwei Reihen vergoldeten Knöpfen, in einem Hute nach der neuen vom Gardisten Renger producirten Form, einem weißen Federbusch darauf, einer schwarzen Halsbinde nebst sogenannten weißen Vatermördern und schwarzen Handschuhen.
Zum Ausmarsche am 2ten Tage bei gutem Wetter und wenn solches der Capitain vorher ansagen läßt 1 weiße Hose vom Baumwollenem Zeuge.“
Über die Uniform der Offiziere heißt es:
Nr. 1 Der Capitain hat folgende Abzeichen :
a) einen schwarzen Uniformrock mit aufstehendem Kragen mit einer Reihe vergoldeter Knöpfe mit dem Dannenberger Wappen darauf und mit Goldstickerei auf dem Kragen und den Ärmeln.
b) Beinkleid schwarz mit 1 dicken Goldlitze an beiden Seiten,
c) 1 gelben Casimir-Weste mit 1 Reihe Knöpfen,
d) Halsbinde, Weißer Vatermörder und Handschuhe wie die Mitglieder der Compagnie,
e) auf jeder Schulter 1 goldener Epaulett mit dem Dannenberger Wappen geziert,
f) 1 Säbel mit meßingerner Scheide und lakirten Bundeling um den Leib mit vergoldeten Zwirnknöpfen und golden Portopee.
Nr. 2 Die Uniform des Lieutnants ist dieselbe wie die des Capitains.
Nr. 3 Die Uniform des Fähndrichs desgleichen ebenso nur mit dem Unterschiede, daß derselbe nur ein Epaulett und zwar auf der ersten Schulter trägt und statt einen Säbel einen Spitzdegen trägt. Auch ist letzterer nicht mit einem goldenen Portopee gezirt.
Nr. 4 Die Kleidung der beiden Tamburs besteht in einem schwarzen Frack und dergleichen Beinkleid, einem Hute nach der Form derjenigen der Mitglieder der Compagnie und einem weißen oben rothen Federbusch darauf, und einem Degen mit lakierten Riemen.
So wohl gezieret zeigten sich die Gildekompanien der Dannenberger Bevölkerung. Es erscheint so, als ob mit der Entstehung des Jäger-Corps ein Wetteifer unter den beiden Kompanien entstand, was wahrlich ein Vorteil gewesen ist. Einige Jahrzehnte hat sich so die Gilde der Bevölkerung präsentiert.
Erst im Jahre 1867 wurde zum ersten Mal über die Bildung einer 3. uniformierten Kompanie beraten. Auf der nächsten Generalversammlung tat sich aber nichts in dieser Richtung. Anträge an die Gilde wurden nicht gestellt, da wohl doch nicht genügend Interessenten vorhanden waren. Am 10. Mai 1895 wurde auf einer Vorstandssitzung über die Gründung eines Joppen-Corps verhandelt und vom Vor- standsmitglied Bethge mitgeteilt :
„Daß dem Vernehmen nach mehrere hiesige Einwohner ein Joppen-Corps bilden wollen, sich jedoch noch nicht so fest entschlossen hätten, um eine bestimmte Erklärung abzugeben, dies vielmehr auf der Himmelfahrtsversammlung thun wollen.
“ Auf der Generalversammlung wurde keine Erklärung abgegeben. Die Angelegenheit wurde als erledigt betrachtet.
1911 erfolgt die Bildung einer neuen Kompanie. In einer Vorstandssitzung vom 25. Mai 1911 heißt es: „Die Einrichtung einer Joppenkompanie soll den Neueintretenden gestattet werden. Die Joppenuniform muß aber einheitlich sein.“
Die Generalversammlung am 16. Mai 1912 genehmigte, dass die neue Kompanie sich Schützenkompanie benannte. Die Damen der Schützenmitglieder stifteten und stickten eine Fahne. Während der beiden letzten Weltkriege fanden keine Ausmärsche der Gilde statt. Das erste Schützenfest nach dem letzten Kriege fand 1949 statt. Uniformen waren kaum noch vorhanden. Wer noch eine Uniform gerettet hatte, durfte diese tragen. Waffen und Ehrenzeichen waren durch die Militärregierung verboten. Man ging zum Ausmarsch in Zivil mit einem Eichensträußlein am Hute. Die Musik wurde auf einem offenen Lastwagen vorausgefahren.
Am 21. Juni 1952, auf dem 1. Exerzierabend der Gilde, kamen die Angehörigen der Schützenkompanie überein, zur Garde überzutreten und dort künftig als 2. Zug den Traditionszug der Schützenkompanie zu bilden.
Bis zum Jahre 1976 bestand die Dannenberger Schützengilde aus den beiden Kompanien:
Garde-Korps und Jaeger-Corps.
Nachdem verschiedene nicht uniformierte Schützenbrüder den Wunsch geäußert hatten, sich als sogenanntes »Schwarzes Korps« zusammenzuschließen, wurde dieses Korps am 15. Juni 1976 aus der Taufe gehoben. Ein dreiköpfiger Vorstand wurde gebildet und gleichzeitig wurde beschlossen, dass bei allen offiziellen Anlässen folgende Kleiderordnung gilt : Schwarzer Anzug, Zylinder, weiße Handschuhe und silbergraue, ungemusterte Krawatte, dazu als äußeres Kennzeichen eine Kette mit Medaille.
1978 – im 450jährigen Jubiläumsjahr – marschierte die Schützengilde mit drei Korps. Es wurde festgelegt, dass das Korps, das den jeweiligen Schützenkönig stellt, stets die Spitze des Schützenzuges beim Aus- und Einmarsch bildet und sein Kapitän das Kommando über die gesamte Gilde übernimmt.
König der Schützengilde zu Dannenberg zu werden ist für jeden Schützenbruder die höchste Ehre, die mit besonderer Freude übernommen wird.
(von Stadtkämmerer Franz Lübeck)